Wie relativ doch alles ist. Von zuhause aus betrachtet sind wir ganz hoch im Norden. Doch ist man erstmal hier oben, fühlt es sich 700 Kilometer unterhalb des Polarkreises schon ganz schön südlich an.
Nach einer Stippvisite im hübschen Trondheim haben wir gestern Nachmittag die E6, unseren Highway nach Süden, verlassen.
Eigentlich waren wir nur auf der Suche nach einem guten Übernachtungsplatz (den wir auch gefunden haben).
Doch dann entdecken wir in der Landkarte eine Route, nicht ganz aber fast parallel zur Europastraße, die uns verlockend erscheint – und sich nicht so nach Rückfahrt anfühlt wie die E6. Außerdem erwischen wir damit nochmal eine nationale Touristenstraße. Das ist dann unsere zehnte von 18. Manche sind wir nur teilweise, manche komplett gefahren. Heute also steht zu guter Letzt die Landschaftsroute Rondane an: „Wie uralte Riesen ruhen die Berge entlang der Straße, die Sie am Rondane Nationalpark vorbeiführt. Die langsame Landschaft mit ihren ausladenden Bergen ist ein einzigartiges Erlebnis.“
50 Kilometer lang folgen wir der Straße, die uns auf 1000 Meter hoch bringt, an runden, teils 2000 m hohen Bergen vorbeiführt und durch karge Landschaft mit flechtenüberzogenen Böden leitet.
Wir lesen, dass der Rondane-Nationalpark der älteste ist in Norwegen und dass hier eines der wenigen Refugien für wilde Rentiere ist. Die meisten Rentiere sind domestiziert und gehören jemandem. Deshalb sind wilde Rentiere etwas ganz besonderes. Leider, leider erspähen wir keins.
Dafür stoßen wir aber auf Fundstück Nummer 7: die Folldal-Gruben. Sie zählen zu den wichtigsten technisch-industriellen Kulturdenkmälern Norwegens mit ca. 70 gut erhaltenen Gebäuden. Im Bergwerk wurden von 1748 bis 1993 Kupfer, Zink und Schwefel gefördert.
Alles ist in perfektem Zustand. Einiges wird als Museum benützt, etliche Häuser auf dem weitläufigen Gelände werden wieder bewohnt.
Am Nachmittag stoßen wir wieder auf die E6 und nach weiteren 100 Kilometern sind wir am Tagesziel angekommen. Größer kann der Unterschied zwischen gestern und heute Abend fast nicht sein: die große Einsamkeit auf der einen Seite, ein Freizeitpark am Mjösasee mit Hotel, Hafen, Sport- und Spielplätzen und Minigolfanlage auf der anderen Seite. Viele Einheimische kommen hierher, um am Feierabend etwas auszuspannen. Der See ist 100 km lang und 15 km breit und damit der größte Binnensee des Landes.
Im Laufe des Nachmittags ist das Wetter überraschend so schön geworden, dass wir sogar draußen Abendessen können.