Archiv der Kategorie: Namibia (Herbst 2019)

PS: Südafrika

Unsere Rückfahrt nach Johannesburg sieht rund 1000 Kilometer vor. Die allermeisten davon auf Asphalt.Wir lassen es erstmal langsam angehen und haben für die erste Übernachtung die Plato-Lodge in der Nähe der Augrabis-Wasserfälle gewählt. Die Überraschung ist groß, als wir inmitten der Steinwüste unsere Unterkunft entdecken.

Der Blick von der Terrase fällt auf Felsen und Geröll, zwischen denen sich Klippschliefer tummeln, die Murmeltieren ähneln, aber mit dem Elefanten verwandt sind. Die Räume sind äußerst geschmackvoll eingerichtet, auf den Balkonen sind handgefertigte Möbel und im Bad kupferfarbene Armaturen und eine breite Dusche, in der zwei Personen nebeneinander unter zwei Duschköpfen stehen können. Das Abendessen, das der junge Farmer Maans uns, seinen einzigen Gästen an diesem Tag, serviert, ist vorzüglich. Er brät Steaks auf dem Grill, dazu reicht er Country Potatoes und frischen Salat.

Sein Grundstück wird an einer Seite vom Oranje River begrenzt und er hat dort einen kleinen Badeplatz, erzählt er uns am nächsten Morgen beim Frühstück. Was wir denn für ein Auto hätten. Einen Toyota Fortuner, zwar kein Vierradantrieb aber mit zuschaltbarer Differentialsperre. Das müsste klappen, ermutigt Maans uns. “ Wenn Ihr in zwei Stunden nicht zurück seid, hole ich Euch“, versichert er uns.

Bald verstehen wir, was er meint. Die Piste ist sandig, am Anfang noch einigermaßen breit, nach einigen Kilometern wird sie enger und noch sandiger. Wenden wäre nicht möglich, also weiter, weiter, bis wir schließlich den Fluss erreichen. Auch auf der Rückfahrt wird alles gut gehen, wenn auch der Fahrer am Ende grinsend gesteht, dass bei dieser Kutschiererei sein Deo versagt habe…

Doch jetzt erstmal rein in die Fluten. Das Wasser ist warm und weich und hat eine recht starke Strömung. Es wäre herrlich, sich bis Oranjemund, wo er in den Atlantik mündet, treiben zu lassen.

Doch auf uns wartet noch ein südafrikanischer Nachschlag zu unserer Namibiareise, die Augrabisfällle, eine ebenfalls vom Oranje River geformte Schlucht mit einem großen und weiteren kleineren Wasserfällen, die wir bei einer Wanderung erkunden.

Am Abend erreichen wir Upington mit der längsten Palmenallee Afrikas und den besten Steaks überhaupt.

Nächste Woche gibt es kein Fleisch und keinen Alkohl, aber bis dahin genießen wir noch.

Fishriver Canyon

Er ist der zweitgrößte Canyon der Welt. Damit steht der Fishriver Canyon im Süden Namibias gleich hinter seinem großen amerikanischen Bruder, dem Grand Canyon in Arizona. Er ist unsere letzte Station in diesem beeindruckenden Land, dessen Gäste wir in den vergangenen drei Wochen waren.Eindrucksvoll beweist er uns einmal mehr wie kraftvoll die Landschaft in diesem Land ist, das so groß ist wie Deutschland und Frankreich zusammen. Ob Wüste, Berge, Meer, Salzpfanne, Savanne oder eben diese 160 Kilometer lange, 27 m breite und bis zu 500 m tiefe Schlucht, die der Fischfluss vor Jahrmillionen geformt hat. Oder aber eine Schlange, wie es sich die Nama erzählen. Das von Jägern verfolgte Tier wand und schlängelte sich schwer verwundet so heftig im Wüstensand, dass die Erde aufriss und die Schlange in diesem Graben verschwand.Der Anblick der imposanten Felsformationen des Fishriver Canyon rundet die Vielzahl der Eindrücke, die wir in Namibia gewonnen haben, perfekt ab. Wunderschöne Landschaften, eine spannende Tierwelt, freundliche Menschen. Eine wertvolle Reiseerfahrung, die uns bald schon schönste Erinnerungen bescheren wird.

Pinguine in Afrika

Mir wird ganz mulmig bei Pits Gerede. Der smarte Skipper, Dreitagebart, Zopf, meint ganz lässig: “ Lieber wäre es mir, wenn ich heute gar keine Kunden hätte.“ Wie bitte? „Draußen ist die Dünung derzeit sehr stark. Es wird ordentlich schaukeln“, menetekelt der gebürtige Namibier in breitem Hamburger Akzent.

Erinnerungen an meine mehrtägige Seekrankheit vor der kanadischen Küste werden wach. Damals war ich mit dem Weltumsegler Rollo Gebhardt auf einem zweimastigen Segelboot unterwegs. Es ging mir hundeelend.

Nun, heute werden wir nur zwei Stunden unterwegs sein. Unser Ziel ist Halifax Island, eine der Pinguininseln vor der namibischen Küste.

Da hat er wohl ein wenig übertrieben, unser Käptn. Der Atlantik ist zwar nicht das Mittelmeer, aber heute nicht allzu kabbelig, so dass wir es gut aushalten können.

Wir steuern zuerst den Diaz- Point an. Hier setzte der portugiesische Seefahrer 1487 als erster Europäer seinen Fuß aufs Festland. Gestern waren wir hier bereits mit dem Auto, begeistert von der Schönheit der Landschaft. Das ist überhaupt einer unserer Standardsprüche zurzeit: „Das ist soooo schön hier, da wirst du besoffen von.“

Und dann geht es Richtung Pinguine. Ehrlich, ich wusste bisher nicht, dass auch in Afrika Pinguine leben. Antarktis, Eis, Kälte, ja. Aber hier? Ja. Die Brillenpinguine leben vor der afrikanischen Küste. Wie viele andere Tiere stehen leider auch sie inzwischen auf der Roten Liste. Aber noch gibt es sie und wir haben die große Freude, sie vom Boot aus beobachten zu dürfen.

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Afrika mehr als zwei Millionen Exemplare. In den fünfziger Jahren sollen es immerhin noch rund 300.000 afrikanische Pinguine gewesen sein. „Heute gibt es in Afrika wahrscheinlich weniger als 20.000 Pinguinpaare“, sagt Vogelschützer Ross Wanless von der Organisation Bird-Life South Africa in Kapstadt: „Wenn es so weitergeht, werden diese Tiere in freier Wildbahn bald ausgestorben sein.“
Woran der rasante Rückgang der Population liegt, wissen die Forscher nicht. „Möglicherweise liegt es daran, dass die Pinguine wegen der Überfischung immer weniger Nahrung finden“, vermutet Ross Wanless.

Wir gucken und freuen uns und fotografieren, was das Zeug hält. Pit hat mittlerweile Entwarnung gegeben, keine raue See heute – und serviert uns einen Becher köstliche heiße Schokolade.

Diamantengeister

Früh am Morgen fährt der kleine Zug durch den Ort. Er hält an jedem Haus und liefert 20 Liter Trinkwasser pro Nase sowie einen halben Block Eis pro Haushalt. Auf der Rückfahrt nimmt er die Frauen in ihren langen Kleidern und großen Hüten mit. Sie fahren zum Einkaufen in einen Laden, in dem es alles gibt: Lebensmittel, Hygieneartikel, Kleider, Schulmaterial. Sogar Möbel. Alles aus Deutschland.

Nebenan beim Fleischer werden Brat- und Bockwürste, Aufschnitt, Eisbein verkauft. Da seine Kühlkammer an die Eisfabrik angrenzt, ist seine Ware immer wohl temperiert. Angeblich ist er der Einzige weit und breit, der dieses Angebot machen kann.

Am Nachmittag besuchen die Frauen die Patienten im örtlichen Krankenhaus.

Und am Abend, wenn die Männer aus der Mine zurück sind, trifft man sich vielleicht in der Halle, die tagsüber für die Kinder zum Turnen und abends für Theater- und Musikdarbietungen genutzt wird.

Wenn der Mann nicht zu müde ist, könnte man auch zum Kegeln gehen. Das Kindermädchen passt derweil auf die Kleinen auf.

Die Firma tut Vieles für das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter und ihrer Familien. Das tut auch not, denn die Arbeit ist hart und die Lebensbedingungen sind rau. Heiß, trocken und staubig. Hier lebt man ohne weitere Familienangehörige, ohne Freunde.

Es war im Jahr 1908, als der Bahnwärter Augut Stauch hier den ersten Diamanten fand. In Nullkommanichts sprach sich der Fund herum und die Glücksritter kamen in Scharen. Und sie hatten wirklich Glück, denn in der ersten Zeit lagen die Diamanten an der Oberfläche und konnten leicht gefunden werden.

Bald schon wollten auch die deutschen Kolonialherren ihren Anteil am großen Geld. Schließlich wurde eine Firma gegründet, rund 300 Familien, die meisten aus Deutschland, kamen ins kleine Kolmannskuppe, in die namibische Wüste, zehn Kilometer vom am Atlantik gelegenen Lüderitz entfernt.

20 Prozent der Weltdiamantenproduktion kamen 1914 allein von hier. 1930 wurde der Diamantenabbau in Kolmannskuppe eingestellt und die Mine geschlossen. Die Bewohner zogen in die neuen südlich gelegenen Minenstädte, nach Lüderitz oder zurück nach Deutschland und die Wanderdünen der Namib eroberten die Stadt.

Wo einst feine Damen ihre Feste gaben, hat heute der Sand die Herrschaft in den Salons übernommen.

Irgendwo im Nirgendwo: Namib-Naukluft Park

Die Pfeilfische und ich teilen uns diesen kleinen Naturteich inmitten des Naukluft- Nationalparks. Durch die umgebenden Berge, die teils fast 2000 m hoch sind, gibt es hier relativ gute Niederschläge, so dass die Gumpen selbst jetzt, wo es schon ewig nicht mehr geregnet hat, mit Wasser gefüllt sind.Was für eine Freude, nach einem einstündigen Spaziergang durch die Buschsavanne, vorbei an Klippschliefer und Pavianen, bei mehr als 30 Grad, in das kühle Wasser eintauchen zu können.Dann noch ein Picknick, einfach perfekt.Gestartet sind wir heute Morgen von unserem kleinen Bungalow ohne Adresse. Irgendwo im Nirgendwo. Am Rande des Namib- Naukluft- Nationalparks, dem größten des Landes. Carsten aus Berlin, aufgewachsen in der ehemaligen DDR, verliebte sich auf einer seiner vielen Reisen, die er nach dem Fall der Mauer hierher gemacht hatte, in eine Einheimische und kaufte vor 15 Jahren diese Farm. Er baute vier kleine Bungalows und bekocht seine Gäste selber. Für uns gibt es am ersten Abend köstliches Gulasch aus Zebrafleisch – das erste meines Lebens. Lecker. Wenn er es uns nicht verraten hätte, hätten wir es als Rindfleisch gegessen. Von ihm stammt auch der Tipp, dass man in den Naturteichen schwimmen kann. In ihrem Wasser gibt es keine gefährlichen Tierchen.Auch die Anreise war spannend. Gleich nach dem Frühstück starteten wir gegen neun in Swakopmund. 350 Kilometer Strecke liegen vor uns, die wenigsten davon asphaltiert. Kurz hinter der Stadt beginnt die Salzpiste. Dass man damit Straßen bauen kann, hatte ich schon auf meiner ersten Namibiareise gelernt. Die Oberfläche ist sehr eben und kann gut bei Tempo 100 befahren werden. Nach Regen oder bei Seenebel, wenn das Material feucht wird, empfiehlt sich das nicht, denn dann wird die Salzpiste schmierig und rutschig. Hatten wir aber beides nicht und so gingen die ersten 100 Kilometer recht flott. Immer wieder faszinierend, wenn man Swakopmund verlässt: links der Straße die Wüste, rechts der Atlantik.Dann beginnt die Pad, die Piste, die aus einem Gemisch aus Steinen und Sand angelegt wird. Afrikanische Massage. Tempo 40 bis 70, je nach Zustand der Strecke. Egal, das ist hier so, ist Teil des Gesamtpakets und wir genießen die Fahrt vorbei am Vogelfederberg, den ersten Köcherbäumen, dem Kuiseb-Canyon, dem Wendekreis des Steinbocks.80 Kilometer vor unserem Häuschen Irgendwo im Nirgendwo erreichen wir das berühmte Solitaire. Hier geht die „Haupstraße“ weiter nach Süden, der wir in zwei Tagen folgen werden. Rechts ab, also nach Westen, geht es zu den berühmten roten Dünen von Sossusvlei, einem der berühmtesten Spots in Namibia. Wir wollen diesmal nicht dorthin, halten aber, um den ebenso berühmten Apfelkuchen des Holländers Moose Mc Gregor zu kosten.Solitaire ist eigentlich kein Ort, sondern eine Art “ Wildwest- Tankstelle“, wichtig in den Weiten der Namib- Wüste, wo zwischen den Versorgungsstationen gern mal 100 bis 200 Kilometer liegen. Schöne Fotomotive sind auch die uralten angerosteten Autos, die irgendwann wohl mal irgendwer gesammelt hat.Etwa 30 Kilometer vor unserem Ziel kommen uns drei Jungs entgegen und bedeuten uns, dass sie gern Wasser hätten. Wir halten an, schenken ihnen eine Flasche und unsere letzten Kekse. Auf einmal hören wir Uli von außen: „Wir haben einen Platten!“ Oh!Während wir noch die Gebrauchsanleitung lesen (wie lässt man das unterm Chassis befestigte Reserverad hinunter, wo wird der Wagenheber angesetzt…?), hält ein Auto. Ein großer blonder Mann, der sich als Uwe vorstellt und sein junger Mitarbeiter steigen aus, setzen an, drehen, schrauben… Das Ganze dauert keine 10 Minuten und wir sind wieder startklar. Unglaublich. Wir haben so ein Glück, diese beiden Männer getroffen zu haben! Genauso ein großes Glück ist, dass nur drei Kilometer entfernt eine Werkstatt ist, in der unser Reifen repariert wird. Schon am nächsten Morgen können wir ihn abholen.Carstens Bungalows sind jetzt nicht mehr weit weg. Ein Begrüßungsbier, eine Dusche und eine supergemütliche Behausung inmitten der staubigen Savanne warten auf uns. Und die Zebras. Diesmal (leider) im Topf.

Deutsche Spuren in Swakopmund

An den allermeisten Tagen im Jahr ist Swakopmund den ganzen Vormittag über in einen feinen sogenannten Seenebel eingehüllt. Es ist sehr frisch, Schal und warmer Pulli oder leichte Daunenjacke sind angesagt, will man nicht frieren. Die Sonne zeigt sich in der Regel erst gegen Mittag. Grund für dieses Phänomen ist der kalte Benguela-Strom, der hier an der Küste vorbeifließt.

Letztes Mal, als wir das kleine Städtchen am Atlantik besucht haben, durften wir diese ganz spezielle Atmosphäre genießen. Dieses Mal erwischen wir zwei von den wenigen nebelfreien Tagen im Jahr.

Trotzdem lassen die Temperaturen um die 20 Grad eher an ein Nordseebad als an einen Ort in Afrika denken. Aber auch Architektur und Sprache erinnern an die von Deutschen beeinflusste Vergangenheit dieses Ortes.

In unserem Hotel wird deutsch gesprochen wie in einigen anderen Geschäften auch.

Im Café Anton bestellt man zwar seine „Schwarwälder Kirschtorte“ auf Englisch, aber das Produkt schmeckt wie irgendwo in Deutschland. Das 70er-Jahre Flair ist fast schon wieder stylisch.

Im „Fachwerk Biergarten“ in der Hauptstraße findet am Abend eine Hallloweenparty statt. Der Musiker, der gerade seine Instrumente hineinbringt, trägt eine Krachlederne.

Im Literaturcafé „Muschel“ werden deutschsprachige Bücher verkauft. Beim Cappuccino kann man gleich ein wenig schmökern.

Nur die vielen Perlhühner in unserer Straße passen nicht so recht ins Nordseebad- Bild – und die an die direkt an die Stadt angrenzende Namibwüste erst recht nicht.

Ein seltsames Städtchen, dieses Swakopmund. Aber ich bin gern hier und staune.

Moonwalk in der Wüste. Die kleinen Fünf.

Doug hatte es vorher schon erzählt, aber ich habe nur müde gelächelt. Das Chamäleon mache Moonwalk in der Wüste, um sich fortzubewegen. Wie bitte? Warum denn das? „Weil es durch diesen leicht schleppenden, wiegenden Gang aus Sicht des Falkens nicht mehr aussieht wie ein Tier sondern wie ein Blatt oder ein Zweig im Wind.“

Und dann ist es soweit. In einem Busch entdeckt Doug ein Tier, nähert sich ihm behutsam und bietet ihm zwei Mehlwürmer in seiner offenen Handfäche an. Das Chamäleon zögert nur kurz, dann krabbelt es auf die Hand und schlabbert die Delikatesse weg.

Wir sind heute Morgen mit „Living Desert“ unterwegs, die Touristen gern die Geheimnisse der Wüste, die hier bis an den Rand der Stadt Swakopmund reicht, nahebringen. Hier geht es nicht um die „Big five“, wegen derer viele Reisenden nach Afrika kommen. Statt um Elefant, Nashorn, Löwe, Leopard und Büffel geht es heute um die „Little five“ Chamäleon, Wüsten-Gekko, Viper, Käfer und Spinne.

Und ja, als Doug das Chamäleon auf den warmen Wüstensand setzt, moonwalked es sich tatsächlich langsam und sehr lässig Richtung Schatten.

Doug und sein Team haben noch mehr Anschauliches und Lehrreiches für uns auf Lager. Nur hier, nirgendwo sonst auf der Welt, gibt es das Wüsten-Gekko mit seinen Entenfüßen. Die Häute zwischen den Zehen helfen dem kleinen Tierchen beim Graben seines Wohntunnels. An den zarten Spuren im Sand erkennen die Fachleute, wo das Gekko sich verbuddelt hat. Ganz vorsichtig holen sie es aus dem Wüstensand heraus, lassen uns es bestaunen und fotografieren – immer darauf achtend, dass es dabei im kühlenden Schatten bleibt und helfen ihm nach der Fotosession wieder zurück in seinen Tunnel.

Die Sandviper ist sehr giftig, erfahren wir. Die gute Nachricht: Bis heute ist kein Mensch an ihrem Biss gestorben. Die schlechte: Ihr Biss ist so schmerzhaft, dass man es sich fast wünschen würde. Sagt Doug und der muss es schließlich wissen.

Auch dieses Tier wird aufgespürt und unserer staunenden Gruppe präsentiert. Es ist ein Weibchen, das bald seine Kinder gebären wird. Gut, dass es um diese Jahreszeit kleine Geckos und kleine Eidechsen gibt, die die Jungen dann fressen können. Ihre Mama wird sich nämlich nicht weiter um sie kümmern.

Wir lernen noch, dass die Blindschleiche nicht etwa so heißt, weil sie blind ist, sondern weil ihre Hautoberfläche Licht reflektiert, also blendet.

Dass der Wüstensand nicht immer gelb sondern auch weiß oder rot ist und dies eine Frage des Alters, der Feinheit und des Eisenanteils ist.

Dass Wüste süchtig und glücklich machen kann.

Bergiges Namibia

Das Landesinnere Namibias ist im Norden von einer Hochebene geprägt. Wir steuern die Ugab-Terrassen und die Spitzkoppe an.Der Fluss Ugab modellierte diese Inselberge vor Jahrmillionen. Wir tauchen in der Ugab-Terrace-Lodge für zwei Tage in die atemberaubende Landschaft ein.Schon die Anfahrt ist eine Herausforderung. An der steilsten Stelle ist die Piste geschätzt 40 Prozent steil.Wir wohnen im Oryx-Bungalow, morgens und abends wird im außen angebauten Ofen Holz für unser warmes Duschwasser entzündet. Die Häuschen wurden wie Adlerneste oben auf den Kamm gebaut.Jeden Nachmittag gibt es frisch gebackenen Kuchen. Den Sundowner genießen wir auf der Aussichtsterrasse.Am ersten Nachmittag erkunden wir auf einem ausgeschilderten Wanderpfad ein wenig die nahe Umgebung der Lodge.Am zweiten Tag fahren wir zur Vingerklip, einem 35 Meter hohen Monolithen, der hoch aus dem Tal des Ugab herausragt.Sonnenauf und – untergänge, der kleine Pool, der in die Terrassen gebaut wurde, das Oryxsteak zum Abendessen und Gesang und Tanz der Crew danach versüßen uns die Tage hier.Achim setzt dem Ganzen noch die Krone auf, indem er mir morgens um halb sechs am Sternenhimmel das Kreuz des Südens zeigt, das gerade aufgegangen ist, und ich schon so lange sehen wollte. Kurz danach stürzt er sich auf der 960 m langen Zipline, die zu unserer Lodge gehört, todesmutig in die Tiefe.Unser nächstes Ziel ist die Spitzkoppe, wegen ihrer Form auch das Matterhorn Namibias genannt. Sie liegt noch im Dunst, als wir ihr uns gegen 11 Uhr nähern.An fantasievollen Verkaufsständen werden Halbedelsteine, die man in der Gegend finden kann, und Grillholz zum Kauf angeboten. In Namibia ist Grillen ein Volkssport. Zumindest bei den weißen Namibiern. Viele schwarze können sich das Grillgut nicht leisten. Wir zahlten neulich für ein 300 g schweres T-Bone-Steak etwa drei Euro.Die 1728 m hohe Spitzkoppe ist von einer Vielzahl imposanter Inselberge umgeben, warmes, glattes Gestein, auf dem wir herumkraxeln und eine Menge Fotos machen. Die eigentliche Spitze wirkt sehr beeindruckend, weil sie 800 m über das Plateau hinausragt.Im Schatten der Steinernen Brücke packen wir unsere Brotzeit aus und genießen die uns umgebende Mondlandschaft.Über 30 Kilometer Piste schuckeln und ruckeln wir zurück auf die Hauptstraße, die B 2, die uns durch die Namib bis ans Meer führen wird. Noch brennt die Sonne bei über 30 Grad. Doch bald schon werden uns in Swakopmund Kühle, Seenebel und niedrige Temperaturen erwarten.

Hilfe für den Gepard

Er ist das schnellste Tier der Welt. Wenn’s sein muss, schafft er schon mal 110 kmh. 70 sind gar kein Problem für ihn. Er ist überdies die älteste Raubkatze der Evolutionsgeschichte. Experten sprechen hier von vier Millionen Jahren, die es den Gepard schon gibt. Der Mensch hat lediglich 100 gebraucht, um seiner Art fast den Garaus zu machen.

Innerhalb der letzten 60 Jahre sind Geparde in mindestens 16 Ländern ausgestorben, weltweit ging der Bestand um mehr als 90 Prozent zurück. Namibia ist mit knapp 3000 Tieren Heimat der größten noch verbliebenen Population.

Wir besuchen heute den Cheetah Conservation Fund, eine Art Waisenhaus für Geparde, deren Mütter so früh ums Leben kamen, dass sie ihren Jungen nicht mehr alles Notwendige fürs Leben in der Wildnis beibringen konnten. 38 Tiere leben derzeit hier auf einer 40 Hektar großen Fläche.

Zur Fütterung um 12 Uhr kommen 18 Tiere. Die großen Fleischstücke werden den Feinschmeckern in Schüsseln serviert. „Würden wir ihnen das Fleisch zuwerfen, würden sie es ignorieren“, erklärt uns Jenny, die hier für die Geparden verantwortlich ist, „weil es dann dreckig würde, und das mögen sie gar nicht.“ Selbst Geparden in der freien Wildbahn sind so heikel. Sie öffnen das geschlagene Opfer und fressen das Innere, die schmutzige Haut suchen sie zu vermeiden.

Was ist den Müttern dieser Tiere passiert? Zumeist wurden sie von Farmern erschossen, weil sie eins ihrer Nutztiere, ein Schaf oder eine Ziege oder auch im Verlaufe von Tagen mehrere gerissen haben. Es ist verständlich, dass die Bauern ihr Hab und Gut schützen wollen. Wenn es um eine bedrohte Art geht, ist es aber problematisch.

Und so kam die Gepardstiftung auf den türkischen Hütehund, den Kangal. Er wird hier trainiert, sich zwischen den angreifenden Gepard und die Herde Ziegen zu stellen und sie so zu schützen. Farmer können sich hier einen Hund kaufen, um künftig keine Geparden mehr schießen zu müssen.

Das Problem dabei: Nur die reichen -weißen- Farmer können sich die 100 Euro, das teuere Futter (Frischfleisch täglich) und die tierärztliche Versorgung eines solchen Hundes leisten. Die Geparde, nicht dumm, weichen im Laufe der Zeit aus und verlagern ihr Jagdgebiet in die Flächen der armen -schwarzen- Farmer.

Betroffen schauen wir unseren Führer an. Was tun? „Hier ist unserer Meinung nach die Politik gefragt“, meint Sam. „Der Staat könnte die Hunde kaufen und den ärmeren Farmern kostenlos zur Verfügung stellen. Diese könnten sich in Gruppen zusammenschließen, um sich die laufenden Kosten zu teilen.“

Leider ist es in Namibia wie in vielen anderen Ländern dieser Welt, dass die Regierung nicht immer das macht, was notwendig ist.

Nachdenklich treten wir unseren 20 Kilometer langen Heimweg über die Pad an, für den wir eine dreiviertel Stunde über den roten Sand, durch vier von Hand zu öffnende Wildgatter, brauchen.

Der Rest des Tages ist Chillen und Grillen – und die Giraffen schauen zum Abendbrot auch wieder vorbei. Diesmal zu sechst.

Giraffen zum Abendbrot

Sie kommen zum Sonnenuntergang. Majestätisch betreten sie die Szene und schreiten wiegenden Schrittes und erhobenen Hauptes von Baum zu Baum, recken ihre langen Hälse in allerhöchste Höhen, um an die feinsten Blätter zu kommen. Wir beobachten die drei Giraffen, die uns zum Abendbrot besuchen kommen, andächtig und erleben einen dieser Glücksmomente, in denen Du weißt, warum Du hergekommen bist.

Wir sind erst vor einer knappen Stunde hier eingetroffen und wurden von Ivy, der Besitzerin am Tor in Empfang genommen. Da wir den weiteren Weg schon vom letzten Jahr kannten, schickte sie uns allein weiter auf die Pad, zum früheren Farmhaus.

Hier erwarten uns Martha, die wir schon von der letzten Reise kennen, und Maria. Sie führen uns durchs Haus, in dem früher die Familie von Ivy und Johann gelebt hat. Inzwischen haben sie eine neue Gästefarm auf einem Hügel mit sechs Bungalows für Touristen gebaut.

Wir fühlen uns hier im alten Farmhaus sehr wohl. Es fühlt sich an, als ob wir in einem Privathaus zu Besuch wären. Nicht wie im Hotel. Im Wohnzimmer stehen ein Klavier und ein Billardtisch. Im Garten sind ein kleiner Pool und ein mit Stroh überdachter Grillplatz, den wir sogleich in Betrieb nehmen. Habe ich schon erwähnt, wie phantastisch das namibische Fleisch schmeckt?

Noch kurz zur Anreise: sie war sehr kurzweilig. Zu Mittag suchten wir in einem kleinen Ort vergeblich nach einem Café oder ähnlichem. Auf einmal stieg mir der Geruch von Frischgebackenen in die Nase. Ich folgte der Duftspur und landete bei zwei reizenden Frauen in einer kleinen Bäckerei. Die Muffins waren heiß und köstlich. Als die Frauen hörten, dass wir aus Deutschland kamen, fragten sie leicht provokativ, wo denn das Entschädigungsgeld für die Hereros bliebe. Als ich versprach, unsere Politiker dran zu erinnern, waren sie zufrieden.

Die Hälfte unseres Weges heute war asphaltiert, der Rest war Piste bzw. Pad, wie man hier sagt. So kamen wir in den Genuss der so genannten African Massage, gut durchgerüttelt im Auto waren wir nach drei Stunden quasi tiefenentspannt für die weitere Reise.