Dass ich zum Abschied zu DER Abschiedsstätte in Nepal schlechthin fahre, hat durchaus eine (von mir gar nicht beabsichtigte) Symbolik. Pashupatinah ist die größte Verbrennungsstätte Nepals. Ein geheimnisvoller, fremder Ort. Ich bin früh um kurz nach neun dort. Auf den Gatts, den Plattformen für die Leichenverbrennung, lodern bereits etliche Feuer.
Neben mir hält ein Auto. Ein in orangefarbene Tücher eingewickelter Leichnam wird vorsichtig hinaus genommen und auf eine Trage gelegt. Ich folge den Angehörigen ein paar Schritte, wechsele über eine Brücke ans andere Ufer und kann von dort aus mühelos alles beobachten.
Ich bin nicht die Einzige. Der Besuch Pashupatinahs gehört zum Standardprogramm eines Kathmandu – Touristen. Es hat etwas voyeuristisches, die Abschiedszeremonie von einem Verstorbenen zu beobachten, vor allem wenn einige Touristen mit riesigen Teleobjektiv draufhalten. Doch die Verbrennung in aller Öffentlichkeit ist die vertraute Regel. Keinen stört dies.
Am Gatt angekommen, wird der Verstorbene auf eine schiefe Ebene aus Stein gelegt und einer rituellen Reinigung unterzogen. Füße und Gesicht des Toten werden von den Männern der Familie gewaschen. Nachdem er wieder sorgfältig zugedeckt wurde, wird der Leichnam mit Blumenketten aus orangefarbenen Tagetes bedeckt und von den Männern mit Bündeln von Räucherstäbchen mehrmals umrundet. Dann heben sie ihn wieder auf die Trage und nun kommen die Frauen und nehmen laut weinend Abschied vom Verstorbenen.
Gemeinsam tragen sie ihn nun zu einem der vorbereiteten Holzscheite und es ist die Aufgabe des ältesten Sohnes, diesen zu entzünden.
Einer meiner Lieblingsplätze in Kathmandu ist die riesige buddhistische Stupa in Bodanath und mit ihr beschließe ich mein Besichtigungsprogramm. Dass auch sie vom Erdbeben 2015 betroffen war, sieht man ihr nicht an und wie immer umrunden Gläubige und Touristen das steinerne Abbild Buddhas im Uhrzeigersinn.
Die Touristen werden dabei gerne mal abgelenkt durch die Vielzahl der kleinen Geschäfte und Cafés. Aber auch durch die Klöster und Tempel, die die Stupa umgeben.
Mit dem Taxi fahre ich zurück ins Hotel, checke für meinen morgigen Flug ein, schlafe ein Stündchen und stürze mich dann nochmal ins Gassengetümmel, um letzte Mitbringsel zu besorgen. Ich erlebe von einer Dachterrasse am Durbarsquare einen schönen Sonnenuntergang, bummele zwischen den Tempeln, während die ersten Gewitterwolken aufziehen und es schon verdächtig grummelt. Den anschließenden Wolkenbruch empfinde ich als sehr passend. Denn bei aller Vorfreude auf zuhause, auf das Wiedersehen mit meinen Liebsten morgen Abend, fällt mir der Abschied schwer, ist mir zum Weinen zumute. Es ist nicht nur das Land, das ich sehr schätze. Es ist auch diese außergewöhnliche Lebensphase, von der ich mich jetzt verabschieden muss.
Während ich dies am späten Abend schreibe, macht sich langsam die Vorfreude breit. Morgen Abend bin ich wieder daheim. Und wer weiß denn, was noch alles passiert in meinem Leben. Wie spannend. Nun aber: Namaste, Nepal! Danyabad. Danke für Deine Gastfreundschaft!