An diesem Tag kommen wir – indirekt – gleich am Vormittag mit drei Tragödien in Kontakt.
In der Lokalzeitung stand ein Artikel über den Geschäftsführer einer hiesigen Entsorgungsfirma, der zusammen mit zwei Freunden zum Aufräumen nach Ahrweiler gefahren war. Dort ist die Masse an Sperrmüll noch ein großes Problem und so bot er an, den Müll im Emsland zu entsorgen, wo es freie Kapazitäten gibt. In Papenburg zum Beispiel, wo wir am Morgen mit den Rädern vorbei kommen. Wie furchtbar, dass die Menschen alles durch die Flut verloren haben. Hier landet nun ihr Hab und Gut.
Eine Tragödie ist es auch für die Beschäftigten von Deutschlands größtem Schiffsbauunternehmen, der Meyer-Werft in Papenburg, dass die Geschäftsführung 650 Arbeitsplätze abbauen will. In der Belegschaft, die knapp 4000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zählt, herrscht deshalb große Unruhe. Wegen des Stillstands der Kreuzfahrtbranche durch die Corona-Pandemie steckt die Werft in der Krise.
Die Folgen des dritten Unglücks sehen wir weitere Kilometer später: die Eisenbahnbrücke in Weener wurde 2015 von einem Binnenschiffer zerstört. Der Unglücksfrachter rammte die längste Eisenbahn-Klappbrücke Deutschlands – und setzte damit die Bahnstrecke von Leer nach Groningen für Jahre außer Betrieb. Ein Desaster für die Pendler.
Ein Desaster für uns könnte das Wetter sein. Ist es aber nicht, denn wir sind wasserfest eingepackt.
Hier in Ostfriesland, wo wir inzwischen sind, wurde die Ems eingedeicht. Die Nordsee mit ihren Tiden macht sich bemerkbar. So radeln wir heute also hinterm Deich und nützen hin und wieder eine Lücke, um einen Blick auf den Fluss zu erhaschen. Ab und zu gibt es einen kurzen Schauer, aber während unserer Mittagspause in Leer und unserem Stadtbummel dort bleibt es trocken.
Am Nachmittag geht es dann mit richtigem Nordseewetter los. Mal Sonne, mal Regen, einmal sogar Hagel und ganz viel Wind.
Nach 60 Kilometern setzen wir kurz vor Emden mit der Fähre über, erreichen die Dollart genannte Meeresbucht, wo sich die Ems von uns verabschiedet, um in die Nordsee weiterzufließen.
Hier in Emden ist für uns das Ende unserer einwöchigen Radtour erreicht. Das Gesamtpaket, also sehr nette ReisebegleiterInnen, viel Interessantes am Wegesrand, lecker Essen und Trinken, war super. Den Emsradweg per se würde ich nicht unbedingt empfehlen. Ich glaube, da gibt es schönere Strecken (Elbe, Werra, Altmühl, Saale, Unstrut, um nur einige zu nennen). Aber die letzten beiden Tage waren auch landschaftlich nah an der Ems sehr fein.