Unverdrossen

Wir sind jetzt das vierte Mal hintereinander im Frühjahr in Spanien und seither fragen wir uns, was es mit diesen braunen Schildern am Straßenrand auf sich hat, auf denen Cañada steht (wir fanden es in erster Linie witzig, weil wir uns ja abends gern mal eine caña, ein kleines Bier, bestellen.

Was auch immer wir damals recherchiert haben, keine Ahnung. Gestern jedenfalls haben wir endlich die Erklärung gefunden.

„Als Cañadas Reales werden traditionelle Viehtriebstrecken bezeichnet, die durch königliches Edikt von Alfons dem Weisen im Jahre 1273 geregelt wurden“, ich zitiere Wikipedia. „Eine Cañada real musste eine Breite von 90 Ellen (= 72,22 m) haben und war durch ihre sehr langen Wegstrecken charakterisiert (mehr als 500 km) mit einem Verlauf hauptsächlich von Süd nach Nord (Sommerweide) oder Nord nach Süd (Winterweide).

Der Rückgang der Viehhaltung einerseits und der Einsatz von Futtermitteln andererseits (der den Wechsel der Weiden überflüssig machte) bewirkte, dass die Cañadas kaum noch als Viehtriften genutzt wurden. Heute werden sie eher zum Wandern und Fahrradfahren genutzt.

Wieder was gelernt.

Heute ist Ostersonntag und, Ihr wisst es ja schon, es regnet in Strömen.

Gut, dass wir unser Osterfrühstück im trockenen, warmen Bus genießen können. Wobei der Osterfladen, den wir gestern fabriziert haben, nicht sooo dolle ist. Trotz Weißmehls leicht bräunlich und etwas zu fest. Ich habe hin und her überlegt, woran das liegen kann und ein Verdacht hat sich verfestigt: vielleicht war in der namenlosen kleinen weißen Tüte, die ich verwendet habe, nicht Hefe sondern Sauerteig (den ich immer fürs Brot backen an Bord habe). Ach egal, ist trotzdem ganz schmackhaft.

Nach dem Frühstück fahren wir mal los. Inzwischen ist es Dank Somerzeit auch schon elf. Wir haben uns ganz unverdrossen ein weiteres Naturschutzgebiet ausgeguckt. Es liegt 200 Kilometer östlich von uns und die Beschreibung klingt sehr verlockend:

„Der Nationalpark Tablas de Daimiel ist ein einzigartiges Feuchtgebiet in Europa“, heißt es auf spain.info. Er ist der kleinste der 16 spanischen Nationalparks. Da er sich in der halbariden Region von La Mancha befindet, ist er eine Oase für Tiere und Pflanzen.

Und für die ist es ja gut, wenn es regnet, oder? Was uns wirklich erstaunt: wir sehen viele volle Stauseen, überflutete Felder, Flüsse, die über die Ufer getreten sind auf unserer Fahrt durchs Land. Gleichzeitig ist in anderen Gegenden Wassermangel. Könnte es vielleicht sein, dass es dem Menschen an ressourcenschonendem Verhalten mangelt?

Es ist schon drei, als wir im Nationalpark ankommen. Dort gibt es einen Stellplatz, auf dem wir über Nacht stehen bleiben dürfen. Es ist noch ein WoMo aus Stuttgart da, sonst keiner. Wunderbar.

Wie gestern kochen wir erstmal Kaffee, denn das funktioniert: es hört auf zu regnen, wir ziehen uns warm an (6 Grad!) und ziehen los.

Das Feuchtgebiet hier wurde von zwei Flüssen und von Grundwasser gespeist. Der Cigüela, der jahreszeitlich bedingt Salzwasser führt, und der Guadiana, der ein reiner Süßwasserfluss ist. Beide Flüsse durften bis in die 60er Jahre frei mändern und Flussplatten und Auen bilden. Durch unterschiedliche Niveaus gab und gibt es Dutzende von Inselchen, die ein Paradies für Tiere sind.

Das natürliche Gleichgewicht wurde Mitte der 70er mit Kanalisierungen und landwirtschaftlicher Umgestaltung heftig attackiert, so dass Teile der Flussplatten irreversibel verschwanden und der Cigüela kein Wasser mehr in das Gebiet führt.

1973 wurde die Flusslandschaft samt ihren Inselchen und Tamariskenwäldern (die einzigen Bäume hier) unter Schutz gestellt und der Nationalpark gegründet.

Nun gibt es einen kleinen Bereich, der von Gästen betreten werden darf. Hier wurden die Inseln mit Holzstegen verbunden und Vogelbeobachtungshütten errichtet.

Unmengen verschiedener Enten und Gänse tummeln sich hier, Reiher, Störche, Flamingos, Greifvögel, Schildkröten und Laubfrösche. Und Wachteln haben wir auch gehört.

Hier gibt es so viel in Ruhe zu entdecken, dass wir beschließen, morgen auch noch hierzubleiben, alles ganz ruhig angehen zu lassen und weitere Erkundungstouren zu unternehmen. Ein Ruhetag in so friedvoller Umgebung hat was.

Zwischen Wasser und Sternen

Der Cerro Masatrigo ist ein Hügel in der Extremadura.  Das besondere an ihm ist seine perfekte konische  Form und dass er nach dem Bau eines Staudamms zu einer Halbinsel mitten im Wasser des Stausees wurde.

Achim hatte das gestern Abend auf der Landkarte und im Internet gefunden und wir haben ihn als Tagesziel für heute ausgeguckt. Zum einen, weil er so schön anzuschauen ist, zum anderen, weil man auf ihn und auch auf den Gegenhügel hochwandern kann, um schöne Fotos zu machen.

Leider regnet es die ganze Fahrt über. Wir erspähen im Grau in Grau vom Auto aus Reisfelder, eine Tomatenskulptur (!?) und hübsche Dörfer.

Als wir am Stausee La Serena ankommen, regnet es, wir kochen Kaffee und verzichten auf die Wanderung. Doch während ich den Hefeteig für den Osterzopf knete, wird das Wetter besser und wir fahren Richtung Nachbarhügel.

Eine kleine Straße führt uns zu einer Friedhofskapelle mit fantastischer Aussicht auf den See. Außerdem geht von hier aus die Ruta Agua y Estrellas, der Weg zwischen Wasser und Sternen, zum Miradouro, dem Aussichtspunkt, los.

In dieser Gegend gibt es mehrere solcher Punkte. An der Kapelle sind 15 aufgezählt. Sie dienen dem „Sternentourismus“. Was wir nicht wussten: dass man am Miradouro nicht nur einen tollen Blick auf unseren Kegelberg hat, sondern dass nachts von 22 bis 24 Uhr Sternbilder auf diese weiße Scheibe projiziert werden! Wow!

Auf dem Rückweg pflücke ich einen kleinen Osterstrauß und wir beschließen, mit dem Bus für kommende Nacht hier stehen zu bleiben. Eine bessere Aussicht finden wir sicherlich nicht.

Jetzt noch den Hefezopf backen und dann, wenn es nicht regnet, um zehn nochmal zum Miradouro laufen? Schade, dass es einmal mehr bewölkt ist. Wir hätten hier natürlich einen fantastischen Sternenhimmel. Sollten wir das tatsächlich machen, gibt es noch einen Nachtrag zu diesem Blogbeitrag.

Ist denn schon Ostern?

Traditionell werden am Ostersonntag Eier gesucht. Manche suchen an Gründonnerstag. Aber nach etwas anderem.

Wir sind zurzeit in der kleinen Ortschaft Elvas, nur wenige Minuten von der Grenze zu Spanien entfernt. Sie hat einen beeindruckenden Aquädukt und man kann hier den Unsinn studieren, den die Menschen durch alle Zeiten hindurch betrieben haben: Kämpfen und Kriege anzetteln. Elvas selbst ist als Festungsstadt angelegt, auf einem Hügel, mit einer zweireihigen Stadtmauer drumherum.

Doch damit nicht genug wurde im 18. Jahrhundert auf dem Nachbarhügel eine Festung angelegt, in der Truppen stationiert wurden, die Angreifer, Spanier und später Franzosen, mit ihren Kanonen fernhalten sollten. Bauherr war ein Graf von Lippe, der sich für den Bau von einer Festung in Norddeutschland inspirieren ließ. Ja, es gab richtige Trends. Als Dank bekam er von den Portugiesen ein paar Kanonen geschenkt…

Wie auch immer. Die haben damals solche Eseleien gemacht, wir heute.

Von der sternförmig angelegten Festung wollten wir nämlich unbedingt ein Drohnenfoto haben. Für den Blog. Für Euch. Klar, ne. Obwohl es windig war, obwohl eine Warnung vom Drohnensystem kam. Ein paar Minuten geht es gut, dann reagiert die Drohne nicht mehr auf Achims Befehle, winkt ihm noch einmal kurz zu und verabschiedet sich in die Freiheit. Wir hinterher. Runter von der Festung, querfeldein, bis wir mit Hilfe von OsMand einen Pfad hinunterfinden. Zwei Kilometer bis zum Ziel.

Schließlich hat sie uns Koordinaten geschickt, kurz bevor sie im Irgendwo gelandet ist.

Der Weg ist sogar ganz hübsch und ich bekomme noch eine extra Portion Geburtstagsblumen.

Wir nähern uns dem Bereich, in dem die Drohne mutmaßlich gelandet ist: eine große eingezäunte Blumenwiese, bewacht von einem kläffenden angeketteten Hund. Wir suchen und finden Stellen im Zaun auf dem Nachbargrundstück, über die wir klettern können, hebeln noch ein Tor auf, dann sind wir auf dem Grundstück.

Und suchen Ostereier, äh, die Drohne. Eine Stunde lang. Meter für Meter. Doch leider, leider erfolglos. Versenkt. Futsch. Adios!

Wir machen uns auf den Weg zurück in die Stadt. Zwei Kilometer und es beginnt zu regnen. In einer Taverne, die gerade schließen will, ergattern wir zwei Kaffee und zwei Barhocker. Dann geht es weiter. Sagte ich schon, dass Selvas auf einem Hügel liegt?

Gegen vier erreichen wir endlich das Café Paula und gönnen uns feine Pastels de Nata und Orangentörtchen. Google meint, das Museum für moderne Kunst, in das ich so gerne wollte, habe noch bis 18 Uhr auf. Also los. Eine Stunde ist ja besser als nichts.

Aber nein! Im Winter, also bis Ende März, wird schon um fünf geschlossen.

Gut, dass es noch das Fotografiemuseum gibt. Das hat sogar bis halb sieben geöffnet. Meint Google. Das hat überhaupt nicht geöffnet. Gitter davor. Abgesperrt. Zu. Niemand da.

Der Wind reißt mir fast meinen Schirm aus der Hand. Geburtstagstelefonate werden vom Glockengebimmel übertönt. Wenn die Glocken nicht läuten, hört man Radiomusik aus Lautsprechern, die einige Straßen in der Innenstadt beschallen.

Wir flüchten in einen offenen Imbiss und trinken ein Bier. Dann machen wir uns auf die Suche nach einem guten Restaurant, das uns empfohlen worden war. Geschlossen. Es stehen keine Öffnungszeiten dran. Auf zum nächsten Lokal. Wir werden immer nasser. Zu. Keine Ahnung, wann es aufmacht. Dritter Versuch, gleiches Ergebnis.

Wenn der Weg vom Camper ins Zentrum nicht so steil wäre, wenn es nicht fast zwei Kilometer wären, wenn es nicht so doll regnen würde, dann könnten wir uns umziehen, ein bisschen ausruhen und später nochmal losgehen. So aber lassen wir es gut sein.

Erst sind wir ein bisschen traurig und frustriert über diesen wenig erfreulichen Verlauf dieses (Geburts-) Tages. Dann wird es doch noch ein schöner Abend mit Steaks aus dem Tiefkühlfach, ein bisschen Rotwein und viel Innigkeit.

Am nächsten Morgen verlassen wir Portugal und fahren in die spanische Einsamkeit der Extremadura.

Vor vier Jahren waren wir schon mal am Monumento Natural Los Barruecos, gleich um die Ecke von Cáceres. Heute zieht es uns erneut in diese spektakuläre Felslandschaft entlang der Ufer natürlicher Seen mit brütenden Weißstörchen.

Wir laufen zwei Stunden durch diese unter Naturschutz gestellte Landschaft, die Sonne scheint, die Störche fliegen über uns hinweg oder klappern in ihren Nestern.

Die Idylle wird unterbrochen, als wir eine Abkürzung nehmen wollen, klettern müssen und nasse Füße bekommen. Achims Gang übers Wasser gehört aber schon wieder zum regulären Weg.

Zu guter Letzt gibt es noch eine Überraschung für uns: der deutsche Aktionskünstler Wolf Vostell (1932 – 1998) und seine Frau Mercedes kauften hier 1976 die ehemalige Wollwäscherei und richteten ein Museum mit seinen Werken ein.

Es ist recht gut besucht, wir staunen über das Gebäude und die Exponate und trinken noch ein Glas Wein im Museumscafé.

Der Busparkplatz ist leer. Außer uns keiner da, deshalb bleiben wir heute Nacht hier stehen.

Von Teppichen und Marmor

Das ist es, was das planlose Reisen so reizvoll macht: du stößt auf Neues, Unbekanntes, bei dem du dir erstaunt die Augen reibst. Denn bis vor wenigen Minuten hattest du nicht den Hauch einer Ahnung davon.

Zufällig war ich gestern Abend auf einen Internet-Eintrag über das Teppichmuseum in Arraiolos gestoßen, wo wir übernachtet haben. Heute Morgen machen wir uns auf den Weg und stoßen schon nach wenigen Minuten auf einen Platz.

An dem einem Ende wird auf der Wand der Kirche die Färbertradition des Ortes dokumentiert. Hier auf dem Dorfplatz wurde früher in großen Trögen, die in die Erde eingelassen waren, die Wolle gefärbt.

Am anderen Ende des Platzes liegt das Teppichmuseum. Wir hatten ein kleines, in die Jahre gekommenes Haus erwartet. Weit gefehlt! Im ehemaligen Krankenhaus der Stadt wurde 2013 ein großes, modernes und professionell geführtes Museum eröffnet.

Warum, überlegen wir, und erfahren per Film, Flyer und Exponaten, dass die Teppiche aus der einstigen Grafschaft Arraiolos weit über ihre Grenzen hinaus berühmt sind für ihre Farbenvielfalt, ihre Akkuratesse, und ihre Langlebigkeit. Seit rund 500 Jahren werden hier Teppiche in besonderer Weise hergestellt: es werden Stoffe aus Leinen oder Hanf gewebt, mit Ornamenten bemalt und dann mit Schurwolle bestickt.

Eine Stickerin führt den Museumsgästen diese traditionelle Handwerkskunst live vor. Erfahrene Stickerinnen schaffen hauptberuflich bis vier Quadratmeter pro Monat, nebenberuflich arbeitende, gerade einmal die Hälfte, erfahren wir.

Inspiriert von der Schönheit der Teppichkunst klettern wir in unseren Bus, um schon nach wenigen Kilometern wieder verblüfft zu werden von dem, was wir draußen erspähen.

Wir passieren gerade den Ort Borba. Borba, Borba, da war doch was mit Marmor, grübeln wir. Schaut ganz danach aus. Wir fahren an etlichen Abraumhalden vorbei, aus denen immer wieder Marmorstücke hervorblitzen.

Eine Recherche im Netz bringt uns auf die richtige Spur: Wir befinden uns in einem der wichtigsten Marmorabbaugebiete Europas.

Im Dreieck Estremoz – Borba – Vila Viçosa wird auf 40 mal 12 Kilometern in über 100 Steinbrüchen ein feinkristalliner, homogener Marmor gewonnen, dessen Farbspektrum von Weiß über Crèmerosé bis zu intensivem Rosa reicht.

Seine Verwendung findet der Alentejo-Marmor in der hochwertigen Innenarchitektur, aber auch im Haus bzw. Palastbau.

Brunnen aus Marmor in Borba
Fürstenpalast mit Marmorfront in Vila Viçosa

Frankreichs Sonnenkönig orderte den Stein für den Bau seines Schlosses in Versailles hier, in den Park-Kolonnaden am Potsdamer Platz in Berlin ist der hiesige Marmor ebenso präsent wie in der japanischen Zentralbank in Tokio.

Marmormuseum in Vila Viçosa

Ehrensache, dass wir noch das Marmormuseum in Vila Viçosa besuchen, wo wir nicht nur nichts zahlen müssen sondern auch noch eine Privatführung erhalten.

Auch Künstlerinnen und Künstler kommen ins Alentejo, um sich die Steine für ihre Werke auszusuchen. Einige sind im Museum ausgestellt.

Zum Museum gehört auch ein Marmorbruch, den man sich anschauen kann. Aber inzwischen regnet es in Strömen. Wir warten eine halbe Stunde (ich schreibe derweil diese Zeilen), aber es lässt nicht nach, so dass wir auf einen Besuch verzichten. Zum Glück gibt es im Museum ein Modell.

Wir verabschieden uns von unserer freundlichen Führerin, rennen zum Auto und fahren bei Wind und Regen 30 Kilometer nach Norden, Richtung spanische Grenze.

In Elvas, UNESCO-Weltkulturerbe, gibt es einen Stellplatz, von dem aus wir schon eins der morgigen Highlights sehen.

Am Tag, als der Regen kam…

… scheint am Vormittag die Sonne und wir könnten sehr entspannt unsere Besichtung von Evora fortsetzen. Doch der dräuende Regen, mindestens für die nächsten drei Tage, vielleicht länger, null Stunden Sonne, bei unter zehn Grad, setzt uns mental etwas zu. Während wir uns die Sehenswürdigkeiten ansehen, haben wir leider die ganze Zeit das bevorstehende schlechte Wetter im Kopf. Keine Ahnung, was wir tun wollen, geschweige denn werden.

1537 wurde mit dem Bau des 18 Kilometer langen Aquäduktes begonnen, der die Menschen in Evora mit Wasser versorgen sollte. Schon fünf Jahre später wurde er mit einem großen Festakt eingeweiht.

In einigen Straßen der Altstadt ist zu sehen, wie der Aquädukt im Laufe der Zeit zu Wohnzwecken umgestaltet wurde: in die Bögen der Wasserleitung wurden Häuser gebaut.

Skurilles gibt es in der Capela dos Ossos zu sehen: in der kleinen Kapelle im Zentrum der Stadt sind die Innenwände mit Knochen und Schädeln von Mönchen gesäumt.

Wer sich davon erholen möchte bzw. muss, kann sich anschließend das Krippenmuseum anschauen oder auf der Aussichtsterrasse den Blick auf die Altstadt genießen.

Noch scheint sogar die Sonne.

Zu Mittag gönnen wir uns eine hiesige Spezialität: Bifana, warme krosse Brötchen mit einem kleinen Schnitzel belegt. Sehr lecker und sehr preiswert (2,50 Euro), nicht auf die Faust sondern in einem hübschen kleinen Lokal.

Kurz bevor wir unseren Camper erreichen, geht der Regen los. Heftig, aber dank Schirm kommen wir noch einigermaßen trocken ins Innere.

Der Steinkreis bei Almendres, etwa 20 Kilometer westlich von hier, steht noch auf unserer Liste. Wenn es nicht regnen würde, wäre es ein schöner Spaziergang durch einen Korkeichenwald vom Infozentrum bis zu den Menhiren. Bei dem Wetter wollen wir aber nicht laufen und fahren die vier Kilometer lieber mit dem Auto. Sandpiste, die sich mit lehmigem Untergrund abwechselt, tiefe Schlaglöcher, große Pfützen und ausgewaschene Spuren. Kein Vergnügen.

Der Steinkreis, der erst in den 60er Jahren entdeckt wurde und etwa 6000 Jahre alt ist, darf leider derzeit nicht betreten werden. Der Untergrund soll sich erholen, um die Stabilität der Steine zu gewährleisten. Sehr verständlich, für uns aber ist es sehr schade.

Wir haben immer noch keine Idee, was wir die nächsten Tage machen wollen und steuern im strömenden Regen einen Parkplatz am Rande des  Dorfes Araiolos an. Oben thront eine Burg, wenn ich rechts aus dem Fenster schaue, blicke ich auf leicht wellige Landschaft voller Wiesen und Korkeichen. Im Hintergrund erheben sich die Berge der Serra de São Mamede.

Und dann, unglaublich aber wahr, spitzt zum Abendbrot die Sonne raus.

Gerade entdecke ich, dass es hier im Ort, fünf Minuten entfernt, ein Museum gibt, das den berühmten Teppichen von Arraiolos gewidmet ist. Das klingt doch schon mal nach einem guten Start in den morgigen Tag.

Ins Landesinnere

Mit einer weiteren spektakulären Klippenwanderung haben wir uns gestern vom Atlantik verabschiedet. Wann wir das nächste Mal ans Meer kommen, ist noch nicht sicher.

Uns zieht es jetzt ins Landesinnere.  Aktuell stehen wir in Milfontes. Stellt man sich von hier ausgehend ein V vor, ist an der Spitze des linken Beinchens Lissabon, an der des rechten Evora. Da wollen wir als nächstes hin.

Auf dem Weg dorthin gibt es einen Stausee, an dem wir einen Spaziergang machen möchten. Auf der Suche nach einem geeigneten Parkplatz, von dem aus wir starten können, halte ich kurz an einer Bushaltestelle. Ein Mann gestikuliert und deutet auf das Heck unseres Campers. Achim steigt aus, schaut nach, kommt zurück: „Wo hast du denn den Verschluss für den Trinkwassertank hingelegt?“ Mist! Den hatte ich auf die Räder gelegt und keiner hat am Schluss des Wassertankens mehr ans Verschließen gedacht. Beim ersten Ruckler ist der Verschluss bestimmt runtergefallen. Also zurück zum Campingplatz (etwa 20 Kilometer), alles absuchen, an der Rezeption nachfragen, nichts.

Also muss ein Provisorium her. Sieht doch ganz gut aus, oder?

Jetzt also zurück zum Stausee. Kaum stehen wir, rauscht eine 20 Mann starke Gruppe Biker auf den Parkplatz. Ob Achim ein Foto von ihnen machen könnte. Nichts lieber als das. „Benzin reden“ fällt mangels gemeinsamer Sprache leider aus.

Dann geht es los. Portugal zeigt sich erneut im prächtigen Frühlingskleid. Unser Weg führt durch ein Meer von weißen Zistrosen.

Auch auf der Weiterfahrt sind wir begeistert von der teils recht hügeligen Strecke, die uns auf kleinen Straßen vorbei an riesigen Wiesen mit gelben Blüten, Hahnenklee weiß Plantnet, Korkeichenwäldern und Olivenplantagen durch die Region mit den wenigsten EinwohnerInnen Portugals führt.

Angekommen in Evora, der Hauptstadt der Region Alentejo, finden wir den letzten Platz auf dem Stellplatz und schauen uns noch die Stadt mit Kathedrale, römischem Tempel, großen und kleinen Plätzen, Gassen und moderner Kunst an. Morgen geht’s weiter mit der Stadtbesichtigung.

An der Westküste Portugals

Die Algarve zieht sich nicht mehr sonderlich an der Westküste hoch. Fährt man vom Cabo São Vicente aus nach Norden sind es nur 60 Kilometer zur Region Alentejo, die sich bis Lissabon erstreckt.

Wir sind jetzt in Vila Nova de Milfontes, nochmal 40 Kilometer weiter nördlich, auf einem Campingplatz, treffen uns hier mit einem Freund und bleiben ein bisschen. Wie lange, wissen wir noch nicht. Für morgen ist nochmal warmes Wetter bis 27 Grad angesagt, dann soll ein Temperstursturz mit Regen in der nächsten Woche kommen. Na, mal sehen.

Gestern Abend haben wir noch einen Spaziergang durch den hübschen Ort gemacht, in dem es nicht so touristisch zugeht wie weiter im Süden.

Die Strände, die wir am Vormittag auf der Fahrt hierher bei Vila do Bispo und Carrapateira besucht haben, waren allerdings wirklich wunderschön und wir haben atemberaubende Anblicke genossen.

Das schöne Wetter hier oben in Milfontes nutzen wir zu einem weiteren Spaziergang.

Wir laufen oberhalb des Flusses Mira durch einen lichten Korkeichenwald, so lange, bis er ins Meer mündet.

Danach folgen wir einem Weg oben auf den Klippen, der uns durch Hottentottenfeigen und Kaplöwenzahn führt. Echt wahr, die Blumen heißen so. Wir haben das recherchiert.

Einmal mehr sind wir fasziniert vom Meer und den Klippenformationen. Hier an der Westküste ist es jetzt Schiefer, im Süden war es Sandstein. Unterschiedliche Farben, unterschiedliche Formen.

Zurück auf die andere Flussseite fahren wir mit einem Taxiboot. Ist mir nach elf Kilometern durchaus recht.

Und jetzt suchen wir uns eine kleine portugiesische Taverne …

Die letzte Bratwurst vor Amerika

Die Würstchenbude steht hier schon seit 28 Jahren. Letztes Mal haben wir uns hier auch eine original Thüringer Bratwurst gekauft. „Die letzte Bratwurst vor Amerika“ prangt in großen roten Lettern auf dem Verkaufswagen auf dem Cabo de  São Vicente, dem südwestlichsten Punkt des europäischen Festlands. Dahinter: nur noch Wasser und Amerika.

Weil der Wetterbericht für heute Nachmittag, ab 15 Uhr, Regen angesagt hat, machen wir am Morgen flott und schaffen es tatsächlich, schon um neun auf den Rädern zu sitzen. Noch scheint die Sonne und es ist angenehm bei 16 Grad. Achim findet eine tolle Route, die uns zwar hügelauf und hügelab, aber die ganze Zeit auf guten Feldwegen oder Nebenstraßen mit wenig Verkehr, führt.

Wenn ich dieser Tage mal schrieb, dass hier Sommer sei, sollte das natürlich nur Ausdruck für meine Freude über das schöne Wetter sein. Denn es ist natürlich, seit gestern auch ganz offiziell, Frühling – und das sieht man. Es grünt und blüht. Im Sommer schaut es hier wahrscheinlich sehr viel anders aus. Ich tippe mal auf braun und verdörrt.

Der Regen, der dann fällt (nicht wie ausgemacht um drei sondern schon um 12), tut dem Land jedenfalls gut – und macht uns pitschenass.

Zum Trocknen und zum Trost gibt es erstmal einen Kaffee im Bus. Dann machen wir uns startklar, aber der Start ist gar nicht so einfach. Denn unser lehmiger Untergrund hat sich durch den Wolkenbruch in eine Rutschbahn verwandelt. Aber mit viel Geduld und einigen Lenkmanövern gelingt es Achim schließlich, den Bus aus dem Modder zu holen. Wir sind übrigens nicht irgendwo in der Pampa sondern auf einem Campingplatz gestanden.

Im Gegensatz zum gestrigen Nachmittag ist der heutige nicht so dolle: Einkaufen, Bus sauber machen und aufräumen, chillen.

Gestern haben wir uns zwei sehr hübsche Orte  angeschaut: Lagos und Burgau. Die eine etwas größer als die andere, beide direkt am Wasser gelegen mit hübschen Promenaden, Gassen, Plätzen und jede Menge Cafés, Restaurants und buntem Treiben.

In Burgau hatten wir damals ein Appartement und sogar eine „Stammkneipe“, die „Bar Brizze“. Es gibt sie immer noch, nur leider war sie geschlossen. Da müssen wir wohl noch mal wiederkommen.

Eine Bucht für uns allein

Es ist schon wieder so weit, dass man beim Stadtbummel die Schattenseite der Straße sucht. Darüber will ich mich keinesfalls beklagen. Hätte ich doch nur etwas Luftigeres angezogen. Als ich heute Morgen wach wurde, war es frisch und neblig. Jetzt scheint die Sonne und mir ist ganz schön heiß. Stadtbummeln ist aber auch immer eine anstrengende Angelegenheit. Burgen thronen immer so hoch über dem Ort, es gibt viele Gassen zu erkunden und oft mäandern sie zwischen oben und unten.

Silves, die alte Hauptstadt der Mauren, in der wir letzte Nacht geschlafen haben, wird als „schönste Binnenstadt der Algarve“ bezeichnet. Zu Recht, wie wir finden. Viele schöne Details sind zu entdecken, wieder blühen die duftenden Orangen, etliche Cafés warten auf Kunden. Jetzt im Winter (rein kalendarisch betrachtet) ist noch nicht viel los.

Die Bucht von Albandeira ist weniger als 20 Kilometer von hier entfernt. Es ist nicht leicht, dorthin zu kommen und so haben wir sie tatsächlich für uns alleine. Nicht zu fassen.

Ich könnte lesen, ich könnte bloggen, ich könnte schlafen. Ich entscheide mich dafür, nichts dergleichen zu tun sondern lege mich in den Sand und höre den Wellen zu. Manche plätschern freundlich, manche gluckern am Felsen und dann gibt es welche, die donnern so bedrohlich gegen die Klippen, dass wir uns gleich mal vergewissern, ob wir hier eigentlich sicher liegen. Tun wir.

Irgendwann ist es dann aber auch wieder gut und wir haben Lust auf Kaffee. Hier gibt es nichts, aber bis zum Camper sind es zwei Minuten und ein Kaffee ist schnell zubereitet.

Erholt und frisch gestärkt starten wir dann zu der ausgeschilderten Klippenwanderung, die zu einer Kapelle führt. Wir laufen etwa eine halbe Stunde in die Richtung, begleitet von umwerfenden An- und Ausblicken.

Ja! So geht Algarve.

Auf den Felsen von Peina

Bilder, Stimmen und Texte kann man durchs Netz in die ganze Welt senden. Leider keine Gerüche. Wie gern würde ich Euch diesen Duft zukommen lassen, der uns immer wieder auf dieser Reise umfängt. Der Duft von blühenden Zitronen und Orangenbäumen. Gerade stecke ich die Nase aus dem Bus und da rieche ich es wieder. Ich schnuppere und schnuppere und schnuppere. Und atme ganz.tief.ein.

Als wir vor zehn, 15 Jahren mal hier in der Gegend waren, hatte Achim eine Wanderung in unserem Reiseführer angemerkt. Damals haben wir sie nicht gemacht, aber heute ist sie dran. Der Rocha la Peina ist ein Karstmonolith, 500 m hoch (uff) und zwei Kilometer lang. Im hübschen Bergdorf Penina startet ein hervorragend markierter Rundweg von etwa zweieinhalb Stunden Dauer.

Steineichen, Feigen, Oliven umgeben uns auf dem Weg nach oben, 500 verschiedene Arten Bäume, Sträucher und Blumen wachsen hier, lese ich auf einer Infotafel.

Fleißige Wanderer werden oben mit einem schönen Ausblick belohnt. Wenn es weniger diesig ist als heute, kann man von hier bis zum Meer gucken.

Der Atlantik empfängt uns am Nachmittag mit grauem Himmel und dunklem Wasser. Wo ist die Sonne geblieben? Es ist aber immer noch angenehm warm mit 20 Grad.

In Carvoeiro finden wir die beeindruckenden Felsformationen, an die wir uns erinnern. Wir kraxeln ein wenig auf den Klippen herum. Das geht hier leicht, denn der Sandstein ist rund und trocken.

Uns locken noch die Höhlen, für die hier überall Reklame gemacht wird. Wir finden sie bei maps, geben sie ins Navi ein und kurven ordentlich durch Gassen, steile Sträßchen, runter, wieder rauf, nächste S-Kurve. Achim macht das sehr entspannt und gekonnt. Letztlich landen wir in einer Villengegend, zu deren Füßen wohl das Meer, die Klippen und die Höhlen liegen, aber es führt kein Weg hin. Weder zu Fuß noch mit dem Auto.

Gut, dass es das Internet gibt. So kann ich Euch zeigen, was wir uns ansehen wollten. Wahrscheinlich kommt man nur mit dem Boot hin oder wenn man dort ein Häuschen sein eigen nennt.