Wir sind jetzt das vierte Mal hintereinander im Frühjahr in Spanien und seither fragen wir uns, was es mit diesen braunen Schildern am Straßenrand auf sich hat, auf denen Cañada steht (wir fanden es in erster Linie witzig, weil wir uns ja abends gern mal eine caña, ein kleines Bier, bestellen.
Was auch immer wir damals recherchiert haben, keine Ahnung. Gestern jedenfalls haben wir endlich die Erklärung gefunden.
„Als Cañadas Reales werden traditionelle Viehtriebstrecken bezeichnet, die durch königliches Edikt von Alfons dem Weisen im Jahre 1273 geregelt wurden“, ich zitiere Wikipedia. „Eine Cañada real musste eine Breite von 90 Ellen (= 72,22 m) haben und war durch ihre sehr langen Wegstrecken charakterisiert (mehr als 500 km) mit einem Verlauf hauptsächlich von Süd nach Nord (Sommerweide) oder Nord nach Süd (Winterweide).
Der Rückgang der Viehhaltung einerseits und der Einsatz von Futtermitteln andererseits (der den Wechsel der Weiden überflüssig machte) bewirkte, dass die Cañadas kaum noch als Viehtriften genutzt wurden. Heute werden sie eher zum Wandern und Fahrradfahren genutzt.
Wieder was gelernt.
Heute ist Ostersonntag und, Ihr wisst es ja schon, es regnet in Strömen.
Gut, dass wir unser Osterfrühstück im trockenen, warmen Bus genießen können. Wobei der Osterfladen, den wir gestern fabriziert haben, nicht sooo dolle ist. Trotz Weißmehls leicht bräunlich und etwas zu fest. Ich habe hin und her überlegt, woran das liegen kann und ein Verdacht hat sich verfestigt: vielleicht war in der namenlosen kleinen weißen Tüte, die ich verwendet habe, nicht Hefe sondern Sauerteig (den ich immer fürs Brot backen an Bord habe). Ach egal, ist trotzdem ganz schmackhaft.
Nach dem Frühstück fahren wir mal los. Inzwischen ist es Dank Somerzeit auch schon elf. Wir haben uns ganz unverdrossen ein weiteres Naturschutzgebiet ausgeguckt. Es liegt 200 Kilometer östlich von uns und die Beschreibung klingt sehr verlockend:
„Der Nationalpark Tablas de Daimiel ist ein einzigartiges Feuchtgebiet in Europa“, heißt es auf spain.info. Er ist der kleinste der 16 spanischen Nationalparks. Da er sich in der halbariden Region von La Mancha befindet, ist er eine Oase für Tiere und Pflanzen.
Und für die ist es ja gut, wenn es regnet, oder? Was uns wirklich erstaunt: wir sehen viele volle Stauseen, überflutete Felder, Flüsse, die über die Ufer getreten sind auf unserer Fahrt durchs Land. Gleichzeitig ist in anderen Gegenden Wassermangel. Könnte es vielleicht sein, dass es dem Menschen an ressourcenschonendem Verhalten mangelt?
Es ist schon drei, als wir im Nationalpark ankommen. Dort gibt es einen Stellplatz, auf dem wir über Nacht stehen bleiben dürfen. Es ist noch ein WoMo aus Stuttgart da, sonst keiner. Wunderbar.
Wie gestern kochen wir erstmal Kaffee, denn das funktioniert: es hört auf zu regnen, wir ziehen uns warm an (6 Grad!) und ziehen los.
Das Feuchtgebiet hier wurde von zwei Flüssen und von Grundwasser gespeist. Der Cigüela, der jahreszeitlich bedingt Salzwasser führt, und der Guadiana, der ein reiner Süßwasserfluss ist. Beide Flüsse durften bis in die 60er Jahre frei mändern und Flussplatten und Auen bilden. Durch unterschiedliche Niveaus gab und gibt es Dutzende von Inselchen, die ein Paradies für Tiere sind.
Das natürliche Gleichgewicht wurde Mitte der 70er mit Kanalisierungen und landwirtschaftlicher Umgestaltung heftig attackiert, so dass Teile der Flussplatten irreversibel verschwanden und der Cigüela kein Wasser mehr in das Gebiet führt.
1973 wurde die Flusslandschaft samt ihren Inselchen und Tamariskenwäldern (die einzigen Bäume hier) unter Schutz gestellt und der Nationalpark gegründet.
Nun gibt es einen kleinen Bereich, der von Gästen betreten werden darf. Hier wurden die Inseln mit Holzstegen verbunden und Vogelbeobachtungshütten errichtet.
Unmengen verschiedener Enten und Gänse tummeln sich hier, Reiher, Störche, Flamingos, Greifvögel, Schildkröten und Laubfrösche. Und Wachteln haben wir auch gehört.
Hier gibt es so viel in Ruhe zu entdecken, dass wir beschließen, morgen auch noch hierzubleiben, alles ganz ruhig angehen zu lassen und weitere Erkundungstouren zu unternehmen. Ein Ruhetag in so friedvoller Umgebung hat was.